Wenn Mitglieder Alternativen haben

von Dr. Andreas Quiring

Wurde früher die Mitgliedschaft in Verbänden als Selbstverständlichkeit oder sogar Pflicht angesehen, ist heute nichts mehr selbstverständlich. Sei es der Zugang zu Informationen, oder die Möglichkeit der politischen Beteiligung. Verbände sind nicht mehr zwingend der Flaschenhals. Ausgelöst durch die Digitalisierung haben potentielle Mitglieder immer Alternativen. Aus der „Pflicht“ zur Mitgliedschaft wurde die „Kür“ der Mitgliederbegeisterung.

Digitalisierung eignet sich als Schlagwort für alles – und das betrifft auch Verbände. Doch eines hat sich wirklich verändert: Digitale Medien eröffnen dem Einzelnen einen fast ungehinderten Zugang zu Informationen – und das in Echtzeit. Ähnlich sieht es bei der Beteiligung an politischen oder gesellschaftlichen Diskussion aus. Mit Politikern kann jeder direkt kommunizieren, sogar mit dem US-Präsidenten. Und das Youtube-Video von Rezo zeigt, das Einzelne sogar sehr große Wirkung erzielen können.

Das heißt: Mitglieder haben für ihre Bedürfnisse immer Alternativen. Daraus entsteht echte Freiwilligkeit. Und eine freiwillige Mitgliedschaft bedeutet, dass sich das Mitglied mit den Zielen und Aktivitäten identifiziert und zufrieden ist, oder aber mehr noch: Das Mitglied ist begeistert, ist Fan seines Verbandes und engagiert sich darüber hinaus ehrenamtlich.

Verbandsaufgaben im Wandel 

Viele Verbände sehen die Flagship-Aufgabe eines Verbandes in der Lobbyarbeit gegenüber der Politik. Meinungen und Stellungnahmen bündeln, das Gespräch mit der Politik suchen, Einfluss auf Gesetzgebungen erzeugen. Immer zugunsten der Branche. Was es braucht ist mehr – meinen wir! Ist dieses Alleinstellungsmerkmal auch im Zeitalter der Digitalisierung immer noch auf Platz 1? Sind nicht vielmehr auch Fragen rund um das Thema Dienstleistung relevant(er), die individualisierter und schneller das Mitglied erreichen? Welche Rolle spielen soziale Bindungen und Zugehörigkeit, wenn es räumlich und technisch keine Grenzen mehr gibt?

  • Was bewegt zur Mitgliedschaft, was ist der Nutzen?
  • Wie hält man die Aufmerksamkeit des Mitglieds?
  • Welchen Service erwartet das Mitglied und wie erfahren wir das?
  • Wie gewinnt man seine Aufmerksamkeit, Loyalität und seine Zeit für ehrenamtliches Engagement?

Die Erwartungen der Mitglieder sind hoch und die Konkurrenz im Netz groß. Kommunikation nach Innen und nach Außen muss funktionieren und muss einen zunehmend anspruchsvolleren Mehrwert für die Mitglieder haben. Die Konkurrenz im Netz zu analysieren, bedeutet, zu fragen:

  • Wo entstehen Themen? Durch wen? Welche Meinungen treffen aufeinander?
  • An welchen Stellen findet Engagement online statt? Und wie kann ich dieses für den Verband nutzbar machen?
  • Welche neuen Anbieter von Wissen sind „im Netz“ unterwegs? Kostengünstiger, bindungsunabhängig?
  • Welche Schlüsse muss ich als Verband hieraus ziehen und wie gestalte ich diese?
    Inhaltlich wie strukturell-organisatorisch.
  • Und wie in einem wirtschaftlich arbeitendem Unternehmen gilt auch hier die Frage: Was kann ich meinem Mitglied sonst noch als exklusiven Service oder ideellen Mehrwert bieten?

Der demografische Wandel, bedeutet eine zunehmende Überalterung, betrifft auch die Verbände und zeigt eines auf: Ein Verband ist nur so attraktiv wie seine (potenziellen) Mitglieder diesen einschätzen. Der offene Blick auf die nachfolgende Generation als potentielle Mitglieder ist auch in diesem Zusammenhang eine konsequente Reaktion.

3 Thesen zum Weiterdenken:

  1. Ein Verband ist nur so stark wie seine Mitglieder und die Bindung zu ihnen.
  2. Die Qualität eines Verbandes misst sich zukünftig auch an der Qualität der Services.
  3. Die Zukunft von Verbänden liegt in kooperativen Ökosystemen.

3. Fachtagung zur Zukunft der Verbände #ZunVd

Der Autor

Dr. Andreas Quiring

Geschäftsführer

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